Lena, 10 Jahre, erlebte sexuelle Übergriffe durch den Handballtrainer. Auf Nachfrage gibt sie an, sich schlecht zu fühlen. Im Figurenspiel stellt sie den Bösewicht als übermächtig und unbesiegbar dar, der wie ein Wirbelsturm durch ihr Zimmer fegt und ein riesen Chaos macht. Nichts und niemand kann den Wirbelsturm zur Strecke bringen. Ihre Eltern meinen, sie schonen zu müssen und haben sie die letzten drei Wochen für die Schule krankschreiben lassen.
Sexueller Missbrauch ist gefährlich. Er ist keine Krankheit (weder beim Täter, noch beim Opfer), sondern eine Straftat, die Menschen körperlich und seelisch verletzt. Täter nutzen Straftaten, um sich materiell oder psychisch zu bereichern. Wildwasser spricht daher über den sexuellen Missbrauch wie über andere Straftaten auch. Das erleben Betroffene oft als Orientierungshilfe: „Wenn Dich jemand bestohlen hätte, würdest du ihn auch anzeigen, und nicht denken, Du warst selber schuld, oder?!“
Lena stellt das Erlebte als einen Wirbelsturm dar, der durch ihr Zimmer gefegt ist und ein riesen Chaos hinterlassen hat. Jetzt geht es darum, mit Unterstützung der Beraterin das Zimmer aufzuräumen, zu sortieren und sturmsicher zu machen, sodass Stück für Stück der Alltag zurückkehren kann.
Für die Eltern ist wichtig zu verstehen, dass der Schulbesuch Lena die Möglichkeit gibt, sich wieder mit anderen Themen zu beschäftigen. Sie dürfen und müssen ihrem Kind etwas zutrauen – und sie nicht eindimensional als Opfer sehen. Wenn andererseits die seelische Verletzung so gravierend ist, dass gerade gar nichts geht, darf Lena auch – wie mit einem gebrochenen Bein – ohne Schuldgefühle eine Weile im “Krankenstand” bleiben. Lenas Eltern bekommen Unterstützung in der Verarbeitung eigener Gefühle und erarbeiten gemeinsam mit der Beraterin, wie sie ihre Tochter angemessen unterstützen und begleiten können – ohne zu dramatisieren, ohne zu bagatellisieren.